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Bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts wurde das Landschaftsbild des Allgäus vom intensiv blau blühenden Flachs geprägt. Kein Haus, das nicht Webstuben oder einen Webkeller aufweisen konnte. Bescheiden waren die Einkünfte der Leinenweber, aber sie halfen, die Familien vor der größten Not zu schützen.
Verdrängt wurde das Allgäuer Leinen im 19. Jahrhundert von der billigeren Baumwolle. Die Folgen waren Verarmung und bittere Not. Viele Familien wanderten nach Amerika aus, in die Neue Welt. Karl Hirnbein und Johann Althaus setzten die Umstellung auf Milchwirtschaft durch. Der Wandel vom "Blauen Allgäu" zum "Grünen Allgäu" war logische Konsequenz.
Auch wenn aus dem „Blauen Allgäu“ nach dem Ende des Flachsanbaus bzw. der Weberei das „Grüne Allgäu“ der Milchwirtschaft und Viehzucht geworden ist, bäuerliches Leben spielt für Marktoberdorf bis heute eine große Rolle. Aus dem rein landwirtschaftlich geprägten „oberen Dorf“ ist ein Marktplatz geworden, dann die Stadt, schließlich die Kreisstadt.
Wurde früher mit schweren Ackergäulen gepflügt, brachte das „Fendt-Dieselross“ die technische Revolution. Heute ist ACGO-Fendt mit seinen Hightech-Traktoren größter Arbeitgeber der Stadt. Und es ist gut, seine Herkunft nicht zu verleugnen bzw. seine Vergangenheit nicht zu vergessen.
Das stolze Gebäude, in dem heute eine heimatkundliche Sammlung untergebracht ist, wurde bereits in der Mitte des 16. Jahrhunderts als „Sölde“ genutzt. „Sölde“ nannte man, zur Unterscheidung von einem Hof, kleine Landwirtschaften mit integriertem Handwerksbetrieb.
Maserung des Holzes, dunkle Flecken um die Türklinke herum. Da ist dann gleich wieder die Erinnerung da, das Erinnern an alle die Menschen, die durch diese Tür das alte Bauernhaus betreten, das Haus verlassen haben. Über die Jahrhunderte hin. Sie könnte so viel erzählen, diese Tür, der Zugang zu einem stolzen Bauern-Anwesen, das zum Glück noch nicht auf dem Schuttabladeplatz der Zeit gelandet ist.
Das Hartmannhaus im alten Oberdorf diente ab der Mitte des 17. Jahrhunderts 200 Jahre lang vielen Generationen von Bauern als Heimat, um dann wieder als Sölde, diesmal mit Schuhmacherwerkstatt, genutzt zu werden. Im frühen 20. Jahrhundert erfuhr das historische Haus eine Grundrenovierung und diente bis 1935 als „Pfründehaus“, also als klassisches Austragshaus für einen Bauernhof, bevor es in den Besitz von Kreszentia Hartmann kam, von der das in einen prachtvollen Bauerngarten eingenistete Heimatmuseum bis heute den Namen hat.
Heimat hat damit zu tun, dass man sich wohl fühlt, und wo man sich wohl fühlt. Heimat ist komplex und kompliziert. Nicht einfach zu verstehen und nicht einfach zu beschreiben. Auf alle Fälle verlangt die Heimat, dass man sie mit Respekt und Fingerspitzengefühl behandelt. Zerschönerungen sind zu vermeiden.
Altstädte, Kirchen, Burgen, Heuschober, Wirtshäuser - alles das, was man als Kind erlernt, erforscht, begriffen hat, das ist – Heimat. Und die Dinge stecken darin fest wie Grenzpfosten, Grenzsteine der Erinnerung. Herzensbildung. Wegmarterl für die Seele. Schließlich ist das ganze Bewusstsein der Menschen auf Erinnerungen aufgebaut. Heimat, das ist auch die Summe persönlicher Erfahrungen.
1980 übernahm die Stadt das Hartmannhaus und vertraute die Aufgabe, das betagte Gebäude für kulturelle Zwecke zu nutzen, dem Heimatverein Marktoberdorf e.V. an. Wagen, Werkzeuge, Stallgerät und Küchengeschirr. Alles ist da. Alles wie früher.
In Verbindung mit dem nostalgischen Bauerngarten dient das Hartmannhaus heute als gern genutzter Trauungsort. Zudem finden hier regelmäßig museumspädagogische Angebote von Stadt und Heimatverein Marktoberdorf statt.